Wel­che Mög­lich­kei­ten gibt es, die Ener­gie­wen­de vor Ort zu gestal­ten?

Zen­tra­le Aus­hand­lungs­pro­zes­se in der Ener­gie­wen­de fin­den vor Ort in den Regio­nen und Kom­mu­nen statt. Hier muss es gelin­gen, die Trans­for­ma­ti­on demo­kra­tisch zu gestal­ten, indem loka­le Inter­es­sen berück­sich­tigt wer­den und der gesam­te Ablauf trans­pa­rent mit der Öffent­lich­keit kom­mu­ni­ziert wird. 

Ein wesent­li­cher Hebel liegt dar­in, dass Kom­mu­nen die Flä­chen­steue­rung für erneu­er­ba­re Ener­gien, ins­be­son­de­re für Wind­kraft, vor­aus­schau­end und pro­ak­tiv gestal­ten  (–> Arti­kel “Wie kön­nen Kom­mu­nen Flä­chen für den Wind­kraft­aus­bau best­mög­lich steu­ern?”). Neben einem räum­lich gesteu­er­ten Aus­bau der erneu­er­ba­ren Ener­gien kön­nen außer­dem pas­sen­de Model­le der finan­zi­el­len Teil­ha­ben und loka­len Wert­schöp­fung für die Kom­mu­ne und die Men­schen vor Ort ent­wi­ckelt und mit den Vor­ha­ben­trä­gern ver­han­delt wer­den. (–> Link: Wel­che Mög­lich­kei­ten der finan­zi­el­len Teil­ha­be gibt es für Kom­mu­nen und die Men­schen vor Ort?”).

Einen beson­de­ren Fall stellt das soge­nann­te kom­mu­na­le Flä­chen­poo­ling dar, wobei sich die Flä­chen­ei­gen­tü­mer in einem bestimm­ten Gebiet zusam­men­schlie­ßen und die Kom­mu­ne den Pro­zess der Flä­chen­si­che­rung für neue Wind­ener­gie­an­la­gen koor­di­niert. Dies sichert einer­seits eine ent­spre­chen­de räum­li­che Steue­rung sowie Ver­tei­lungs­ge­rech­tig­keit unter den Flä­chen­ei­gen­tü­mern und ermög­licht ande­rer­seits eben­falls die Aus­ar­bei­tung und Ver­hand­lung von Model­len der finan­zi­el­len Teil­ha­be für die All­ge­mein­heit im Rah­men der Pacht­ver­trä­ge.

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Wie kön­nen Kom­mu­nen Flä­chen für den Wind­kraft­aus­bau best­mög­lich steu­ern?

Um die gesetz­li­che Vor­ga­be für die instal­lier­te Wind­ener­gie­leis­tung nach dem Erneu­er­ba­re Ener­gien Gesetz (157 Giga­watt bis zum Jahr 2035) errei­chen zu kön­nen, wur­de fest­ge­legt, dass zwei Pro­zent der Flä­che Deutsch­lands für Wind­ener­gie­an­la­gen aus­ge­wie­sen wer­den müs­sen. Die Zie­le des sog. Wind-an-Land-Geset­zes (WindBG) wer­den durch die Regio­nal­pla­nung umge­setzt. Wür­de das 2‑Pro­zent-Flä­chen­ziel bis spä­tes­tens Ende 2032 nicht erreicht, wäre die räum­li­che Steue­rung von Wind­kraft­an­la­gen in den Pla­nungs­re­gio­nen kaum noch mög­lich. Auch der­zeit gel­ten­de Lan­des­re­ge­lun­gen, z.B. über den Min­dest­ab­stand zwi­schen Wohn­ge­bäu­den und Wind­kraft­an­la­gen, wür­den aus­ge­he­belt.

Wind­ener­gie­an­la­gen sind grund­sätz­lich außer­halb von Sied­lungs­be­rei­chen (im Außen­be­reich) pri­vi­le­giert zuläs­sig. Die Geneh­mi­gung kann nur abge­lehnt wer­den, wenn öffent­li­che Belan­ge (z. B. Natur­schutz, Denk­mal­schutz, Abstand zu Wohn­be­bau­ung) ent­ge­gen­ste­hen. Ohne kla­re Pla­nung kön­nen Wind­kraft­an­la­gen an vie­len Orten errich­tet wer­den, was häu­fig als “Wild­wuchs” bezeich­net wird. 

Die Pri­vi­le­gie­rung ent­fällt, wenn ein gül­ti­ger Regio­nal- oder Flä­chen­nut­zungs­plan Vor­rang­flä­chen fest­legt und außer­halb die­ser Flä­chen Wind­ener­gie aus­schließt. Hier­bei braucht es ein schlüs­si­ges Kon­zept, eine Ver­hin­de­rungs­pla­nung ist nicht erlaubt. Die Gemein­den vor Ort wis­sen auf­grund ihrer ört­li­chen Nähe am bes­ten, wel­che Flä­chen geeig­net sind und in der Bevöl­ke­rung Akzep­tanz fin­den. Geeig­ne­te Wind­ener­gie­flä­chen soll­ten daher mög­lichst auf loka­ler Ebe­ne aktiv gesucht, unter Betei­li­gung der Öffent­lich­keit aus­ge­wählt und rechts­si­cher aus­ge­wie­sen wer­den. So kön­nen Flä­chen­kon­flik­te mög­lichst gering gehal­ten und der Wind­ener­gie­aus­bau stra­te­gisch gelenkt wer­den, bei­spiels­wei­se auf Flä­chen, in denen die Anla­gen für eine gerin­ge­re Beein­träch­ti­gung der Bevöl­ke­rung sor­gen oder in Nähe zu grö­ße­ren Strom­ab­neh­mern.

Kom­mu­nen kön­nen die Wind­ener­gie­nut­zung auf ihrem Gebiet gezielt steu­ern, indem sie Bebau­ungs­plä­ne für einen fest­ge­leg­ten Bereich oder Flä­chen­nut­zungs­plä­ne für das gesam­te Gemein­de­ge­biet auf­stel­len. Sie kön­nen auch dann Flä­chen für Wind­ener­gie aus­wei­sen, wenn die regio­na­len Pla­nun­gen in ihrem Gebiet kei­ne Wind­ener­gie­flä­chen vor­ge­se­hen haben (sog. Gemein­de­öff­nungs­klau­sel bis Ende 2027). Eine enge Abstim­mung mit der zustän­di­gen Regio­nal­pla­nungs­stel­le ist hier den­noch rat­sam.

Nach wel­chen Kri­te­ri­en Wind­ener­gie­ge­bie­te aus­ge­wie­sen wer­den, hängt auch von Vor­ga­ben des Bun­des­lan­des und von der Regi­on ab. Neben der Regio­nal­pla­nungs­stel­le kann des­halb auch der Aus­tausch mit der für die Geneh­mi­gung der Wind­ener­gie­an­la­gen zustän­di­gen Behör­de im Land­kreis hilf­reich sein.

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Wie und wann soll­ten Kom­mu­nen die Bür­ge­rin­nen und Bür­ger infor­mie­ren und betei­li­gen?

Grund­sätz­lich emp­feh­len wir, so früh­zei­tig und umfang­reich wie mög­lich in die Kom­mu­ni­ka­ti­on zum Aus­bau von erneu­er­ba­ren Ener­gien zu gehen, auch unab­hän­gig von kon­kre­ten Pro­jekt­vor­ha­ben. Infor­ma­tio­nen und der Aus­tausch über die Rah­men­be­din­gun­gen, gesetz­li­chen Vor­ga­ben und kom­mu­na­len Gestal­tungs­mög­lich­kei­ten (–> Link: Wel­che Mög­lich­kei­ten der finan­zi­el­len Teil­ha­be gibt es für Kom­mu­nen und die Men­schen vor Ort?) kön­nen dazu bei­tra­gen, all­ge­mei­ne Skep­sis abzu­bau­en und die Trä­ger­schaft für die Ener­gie­wen­de vor Ort zu stär­ken. Denn die Ener­gie­wen­de ist nicht nur eine tech­ni­sche, son­dern vor allem eine gesell­schaft­li­che Trans­for­ma­ti­ons­auf­ga­be. Trans­pa­ren­te Kom­mu­ni­ka­ti­on und ein Dia­log mit allen Betrof­fe­nen auf Augen­hö­he ist daher zu jedem Zeit­punkt wich­tig, um den Pro­zess demo­kra­tisch zu gestal­ten.

For­schungs­er­geb­nis­se und Pra­xis­er­fah­run­gen zei­gen, dass es ins­ge­samt einen hohen Bedarf an all­ge­mei­ner Infor­ma­ti­on gibt, um kon­struk­ti­ve Debat­ten zur Ener­gie­wen­de und zum Wind­kraft­aus­bau vor Ort zu füh­ren. Geeig­net sind dabei Dia­log­for­ma­te, die den Raum für Rück­fra­gen eben­so wie für kri­ti­sche Fach­ge­sprä­che geben, zum Bei­spiel im Rah­men eines Info­mark­tes, auf dem eine Brei­te an The­men und Posi­tio­nen an ver­schie­de­nen Info­stän­den ver­tre­ten ist. Dar­über hin­aus kön­nen spe­zi­fi­sche The­men, wie die Flä­chen­aus­wahl für Wind­ener­gie­pro­jek­te oder die pas­sen­den Model­le für loka­le Wert­schöp­fung und finan­zi­el­le Teil­ha­be, am bes­ten im kon­struk­ti­ven Dia­log in Klein­grup­pen ver­han­delt wer­den. Hier eig­nen sich sog. Werk­statt­ge­sprä­che, in denen in mode­rier­ten Run­den gemein­sam an einem kon­kre­ten The­ma gear­bei­tet wird.

Um einen mög­lichst unvor­ein­ge­nom­me­nen Aus­tausch zu ermög­li­chen, soll­te die Betei­li­gungs­ver­an­stal­tung von der Gemein­de getra­gen und ggf. durch eine unab­hän­gi­ge Mode­ra­ti­on unter­stützt wer­den.

Um einen mög­lichst unvor­ein­ge­nom­me­nen Aus­tausch zu ermög­li­chen, soll­te die Betei­li­gungs­ver­an­stal­tung von der Gemein­de getra­gen und ggf. durch eine unab­hän­gi­ge Mode­ra­ti­on unter­stützt wer­den.

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Wel­che Mög­lich­kei­ten der finan­zi­el­len Teil­ha­be gibt es für Kom­mu­nen und die Men­schen vor Ort?

Gesetz­li­che Rah­men­be­din­gun­gen wie §6 Erneu­er­ba­re-Ener­gien-Gesetz (EEG) oder Lan­des­ge­setz­ge­bun­gen zu Akzep­tanz und finan­zi­el­ler Teil­ha­be ermög­li­chen erst­mals eine rechts­si­che­re finan­zi­el­le Betei­li­gung von Kom­mu­nen, ent­we­der im Rah­men von ein­ver­nehm­li­chen Ver­trä­gen (§6 EEG) oder ver­pflich­ten­den Zah­lun­gen (Tei­le der Lan­des­ge­setz­ge­bun­gen). 

Die vor­ge­se­he­nen Zah­lun­gen und Leis­tun­gen wer­den jedoch zum Teil als nicht aus­rei­chend für die ent­ste­hen­den Beein­träch­ti­gun­gen vor Ort ange­se­hen.

Zusätz­lich gibt es wei­ter­ge­hen­des Wert­schöp­fungs­po­ten­zi­al durch den Aus­bau der erneu­er­ba­ren Ener­gien: preis­si­che­re Wär­me­ver­sor­gung durch Sek­tor­kopp­lung, Bür­ger­strom­ta­ri­fe, Bür­ger­en­er­gie­pro­jek­te oder Son­der­fonds für Gemein­wohl­auf­ga­ben. Mit­tel bei­spiels­wei­se für kos­ten­lo­ses Kit­aes­sen wer­den häu­fig als posi­ti­ves Signal gewer­tet, bie­ten aber kei­ne Mög­lich­keit für lang­fris­ti­ge Inves­ti­tio­nen. Eine all­ge­mei­ne Ein­schät­zung, was geeig­net und gerecht ist, lässt sich jedoch nicht abge­ben. Dies hängt stark vom Gerech­tig­keits­emp­fin­den sowie den sozio­öko­no­mi­schen Rah­men­be­din­gun­gen vor Ort ab. So sind die Inves­ti­ti­ons­mög­lich­kei­ten von Haus­hal­ten und Kom­mu­nen ins­be­son­de­re in struk­tur­schwa­chen Räu­men begrenzt. Aber auch die Demo­gra­fie (je älter, des­to weni­ger wird indi­vi­du­ell inves­tiert) sowie Res­sour­cen und Gestal­tungs­wil­le und ‑spiel­raum der kom­mu­na­len Akteu­re vor Ort spie­len eine Rol­le. Um her­aus­zu­fin­den, wel­cher der pas­sen­de Weg für Ihre Kom­mu­ne ist, eig­net sich ein Werk­statt­ge­spräch zu den unter­schied­li­chen Model­len der loka­len Wert­schöp­fung und finan­zi­el­len Teil­ha­be.

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Koop Wind-Dos­sier Teil­ha­be-Model­le

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Gibt es einen Zusam­men­hang zwi­schen finan­zi­el­ler Teil­ha­be und Akzep­tanz?

Ver­schie­de­ne Stu­di­en wei­sen dar­auf hin, dass die kom­mu­na­le Gestal­tung und finan­zi­el­le Betei­li­gung der Kom­mu­ne als wesent­lich bedeu­ten­der wahr­ge­nom­men wer­den als die indi­vi­du­el­le finan­zi­el­le Teil­ha­be der Anwoh­nen­den. 

Finan­zi­el­le Ent­schä­di­gun­gen auf indi­vi­du­el­ler Ebe­ne wer­den hin­ge­gen oft als “Bestechung” und damit als unmo­ra­lisch abge­lehnt. Besitz­an­tei­le an Ener­gie­un­ter­neh­men gel­ten als attrak­ti­ve­re Form der finan­zi­el­len Betei­li­gung, ber­gen jedoch Risi­ken und die Mög­lich­kei­ten zu inves­tie­ren, sind gesell­schaft­lich und demo­gra­fisch ungleich ver­teilt. Ins­be­son­de­re struk­tur­schwa­che, länd­li­che Regio­nen mit wenig Inves­ti­ti­ons­spiel­räu­men sind hier benach­tei­ligt.

Regio­na­le Dis­pa­ri­tä­ten kön­nen somit ver­stärkt wer­den. Eben­so kön­nen sozia­le Ungleich­hei­ten dahin­ge­hend ver­stärkt wer­den, dass Anwoh­nen­de mit nied­ri­gem Ein­kom­men oder ohne Spar­gut­ha­ben hier nicht pro­fi­tie­ren kön­nen. Für älte­re Men­schen sind lang­fris­ti­ge Inves­ti­ti­ons­zeit­räu­me zudem unat­trak­tiv.

Am posi­tivs­ten wird daher die Kom­pen­sa­ti­on über die Kom­mu­ne bewer­tet, da Betrof­fe­ne es ten­den­zi­ell bevor­zu­gen, wenn ihre Gemein­de von den Pro­jek­ten pro­fi­tiert und die Mit­tel dem Gemein­wohl, etwa durch öffent­li­che Ein­rich­tun­gen, zugu­te­kom­men.

Eine „gesell­schaft­li­che Trä­ger­schaft“, wonach Akteu­re bereit sind, Ent­schei­dun­gen mit­zu­tra­gen, denen sie eigent­lich ableh­nend gegen­über­ste­hen, kann vor die­sem Hin­ter­grund nur durch ernst gemein­te Teil­ha­be­an­ge­bo­te erreicht wer­den.

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Wo gibt es all­ge­mei­ne Fach­in­for­ma­tio­nen und Hin­ter­grün­de zur Ener­gie­wen­de?

Um die Kli­ma­schutz­zie­le zu errei­chen, wer­den Wind- und Solar­ener­gie mas­siv aus­ge­baut. Im Jahr 2030 sol­len dem­nach 80 Pro­zent des in Deutsch­land ver­brauch­ten Stroms aus erneu­er­ba­ren Ener­gien stam­men, um im Jahr 2045 Treib­haus­gas­neu­tra­li­tät zu errei­chen.

Die Umstel­lung des Ener­gie­sys­tems auf erneu­er­ba­re Quel­len ist dabei nicht nur eine tech­no­lo­gi­sche, son­dern vor allem auch eine gesell­schaft­li­che Her­aus­for­de­rung. Sach­li­che Infor­ma­tio­nen sind eine wesent­li­che Grund­la­ge für den kon­struk­ti­ven Dia­log, damit die Ener­gie­wen­de in einem demo­kra­ti­schen Rah­men erfolg­reich gestal­tet wer­den kann.

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